
Isola Brissago im Sommer per Selbstauslöser – als es noch keine Selfies gab
Mit der besten Freundin verhält es sich ähnlich wie mit der Lieblingsjeans: Passt immer und überall. Einmal gefunden, möchte man sich nie mehr von ihr trennen, weil man sich so unbeschreiblich gut fühlt mit ihr. Mit der besten Freundin geht man durch dick und dünn, manchmal sogar wortwörtlich. Sie kennt alle traumatischen Erlebnisse aus der Kindheit, weiss wann sie besser den Mund hält und darf als einzige, aber wirklich als einzige, unverblümt Tacheles reden. Sie ist diejenige die sich fast genauso über den neuesten Grossauftrag freut wie man selbst und den Freund, der jetzt nur noch der Ex-Freund ist, als Ar*** bezeichnet. Wenn sie anruft, passt es immer. Auch um 01:00 Uhr morgens. Das Hochzeitskleid wird gemeinsam ausgesucht und wenn sie einen Mord begehen würde, so gäbe es bestimmt einen triftigen Grund dafür. Kurzum: Mit der besten Freundin im Rücken fühlt man sich unverwundbar, verstanden und geliebt.
Und genau dort, in dieser vermeintlichen Sicherheitszone, läuft man Gefahr die Enttäuschungen zu erleben, die am schwersten wiegen. Wenn wir – von der von uns als beste Freundin betitelte Freundin – verletzt werden, dann sitzt dieser Schmerz tief. Von ihr verraten oder enttäuscht zu werden ist ein Schlag in die Magengrube von dem man sich nur schlecht erholt. Ein ausgeplaudertes Geheimnis oder eine unbedachte Bemerkung können oft mehr Unheil anrichten als in einer partnerschaftlichen Beziehung mit einem Mann. Ist es nicht so, dass gerade bei dieser einen Freundin die Ansprüche und Erwartungen unglaublich hoch sind? Weil man von der Schwester im Geiste erwartet, dass sie einen nicht verrät, belügt oder betrügt. Nie.
Ich habe irgendwann beschlossen, keiner Freundin dieses Gütesiegel BESTE FREUNDIN mehr aufzudrücken. Es ist zwar eine Ehre selbst eine sein zu dürfen, ist aber mit vielen unausgesprochenen, unformulierten Verpflichtungen verbunden und birgt Tücken, die erst dann ans Licht kommen, wenn man an einer gescheitert ist. Weil ich selbst auch nicht immer allen Erwartungen gerecht werden kann als beste Freundin. Ich habe nunmehr einfach Freundinnen. Wenn ich sie Bekannten vorstelle, ist es manchmal sogar eine gute oder eine alte Freundin oder wenn ich sie von der Arbeit kenne, ist es eine Arbeitskollegin. Das ist gut genug. Jede Frau die ein paar gute Freundinnen besitzt, weiss dieses Geschenk zu schätzen. Das Freundinsein fängt dort an wo die Oberflächlichkeiten aufhören und man einfach die sein kann, die man ist. Mit allem Hässlichen und Schönen. Wenn man sich sieht ist es gut, auch wenn man sich schon lange nicht mehr gesehen hat. Und es stimmt auch dann noch, wenn sich die Leben in verschiedene Richtungen entwickelt haben. Ich habe mich erst vor kurzem einem Langzeitmenschen als Freundin wieder angenähert als ich einen Kurzzeitmenschen verabschiedet habe. Ich freue mich darüber, denn was gibt es schöneres als Freundinnen zu haben?
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Ganz einfach auf den Punkt gebracht von meiner wundervollen „alten“ Freundin 🙂
Ich kann Sofasophia nur zu stimmen! Treffend und liebevoll zu Wort gebracht! Danke! Freu mich auf weitere Posts 😉
Ein sehr feiner Text, den ich nur genauso unterschreiben kann. Und jede ist ein Geschenk. Und es gibt bei mir sogar ein paar Männer die mir gute Freundinnen sind. 🙂
Schreib weiter, ich mag deinen Stil!
Vielen Dank! Auf meinem heutigen Kalenderblatt steht: „L’artiste doit surfer sur la vague du débutant“. Das gilt wohl auch fürs Bloggen.